Was haben wir?
Der Gebäudekomplex Windmühlenstraße/Grünewaldstraße/Brüderstraße bildet im Herzen der Stadt Leipzig einen kostbaren Lebensraum für mehrere Generationen. Die über Jahrzehnte gewachsene Mieterstruktur und die Nachbarschaftsverhältnisse prägen den besonderen Charakter des Quartiers. Junge Familien mit vielen Kindern, Rentner, Studenten, Migranten, zahlreiche Künstler und Kreative sowie kleine Gewerbetreibende haben diesen Ort in den letzten Jahren gemeinsam zu einem interessanten und offenen Kiez entwickelt, der Menschen weit über die Stadtgrenzen hinaus begeistert. Soziokulturelle Integration und ein heterogenes Miteinander sind hier Realität geworden.

Mit Wirkung zum 01.August 2011 ist die Grundstücksverwaltungsgesellschaft Abdo Assmann GbR neue Eigentümerin der durch die LWB veräußerten Wohnanlage Windmühlenstraße/Grünewaldstraße/Brüderstraße. Das Gebäude soll saniert, der grüne Innenhof völlig umgestaltet werden und innerhalb der Hofanlage ist die Errichtung eines Discounters geplant. Unter Denkmalschutz steht „nur“ die Fassade. Dahinter verbirgt sich jedoch ebenso Schützenswertes, dessen Erhalt die neu gegründete Interessengemeinschaft Windmühlenstraße anstrebt. Auch die Stadt Leipzig hat die Möglichkeit, durch Erhaltungsverordnungen und Milieuschutz hier Stellung zu beziehen.

Am 2. März 2011 hat der Stadtrat entschieden, dass ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst wird. Hiermit sollte ein 900 qm großer Discounter in der Windmühlenstraße verhindert werden. Inzwischen ist dieser Beschluss vom Stadtplanungsamt intern gekippt worden – solch eine Entscheidung müsste eigentlich vom Stadtrat abgestimmt werden – und dem neuen Besitzer wird voraussichtlich eine Baugenehmigung erteilt. Eine veränderte Planung seitens des Investors Casa Concept Gobau sieht „nur noch“ einen Supermarkt von etwa 600 qm Größe vor, was einen Bebauungsplan vorerst hinfällig macht. Alternativen zur Ansiedlung eines Discounters werden jedoch, auch von Seiten der Stadt Leipzig, überhaupt nicht diskutiert, obwohl anfangs ein Supermarkt an dieser Position unerwünscht und auch mit dem Statdentwicklungsplan unvereinbar schien.





Was wollen wir?
Die IG Windmühlenstraße tritt dafür ein, eine Verdrängung der ansässigen Mieter, die zum Teil seit einem halben Jahrhundert hier ein Zuhause gefunden haben, aber auch der jungen Familien, deren Kinder hier in den Kindergarten und die Schule gehen, zu verhindern. Die Interessen Einzelner stehen den Bedürfnissen einer 242-köpfigen Mieterschaft gegenüber.

Es gehört zu den Aufgaben der Stadt, bezahlbaren Wohnraum auch in Zentrumsnähe zu sichern.

Er soll den Menschen, die hier leben und arbeiten, auch weiterhin zustehen.

Das Areal ist sanierungsbedürftig. Doch private Investoren versuchen die zukünftigen Mieten in die Höhe zu treiben. Eine angemessene und sozial verträgliche Anpassung der Mieten nach der Sanierung würde hingegen den Erhalt des eingenständig Gewachsenen und der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung fördern. Spekulation und Luxussanierung müssen im Sinne dieses Erhalts gerade im Zentrumsbereich gestoppt werden! Wir sind die Stadt!

Die in den letzten Jahren hier angesiedelten kleinen Gewerbe, welche auch wesentlich zur positiven Außenwahrnehmung des Viertels beigetragen haben, sollen erhalten werden. Ein tragfähiges Konzept zur Förderung kleiner und nachhaltiger Gewerbeeinheiten stärkt den Kiez. Discounter und Ketten hingegen zerstören den Charakter dieser ökonomischen Alternative. Der geplante Discounter ist, da zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten bereits existieren, überflüssig und nur von Profitinteresse geleitet am Bedarf vorbei konzipiert.
Neue Geschäfte, wenn sie einen wirklich vorhandenen Bedarf decken und zum Viertel passen, sind natürlich willkommen.

Das Atelierhaus Frühauf e.V. im Hof des Komplexes beherbergt zahlreiche Ateliers und Werkstätten für Bildende Kunst, Medien und Kunsthandwerk. Hier befindet sich die Galerie Emmanuel Post, die das Haus als feste Adresse innerhalb der Leipziger Kunstszene etablierte. Durch bezahlbare Mieten wird hier künstlerische und kreative Vielfalt gefördert.

Bei einem Interessententreffen hat Herr Assmann, Geschäftsführer der Casa Concept Gobau, erklärt, dass er dieses Gebäude, welches der Bund gerade zum Verkauf anbietet, erwerben möchte, mit dem Ziel, es abzureißen und an dieser Stelle ein Parkhaus zu errichten für den geplanten Discounter. Der Presse gegenüber gab es inzwischen gegenteilige Äußerungen. Unklarheit und Unsicherheit der Betroffenen sind die Folge. Die IG Windmühlenstraße solidarisiert sich mit den ansässigen Künstlern und appeliert an die Stadt, diesen offenen Raum zu bewahren.

An dieser Stelle erinnern wir an ein Zitat des Leipziger Bürgermeisters und Beigeordneten für Stadtentwicklung, Martin zur Nedden, der vor zwei Jahren den Künstlern der Gängeviertel-Initiative aus Hamburg Obdach angeboten hat: "Gerne bestätige ich (...), dass die Stadt Leipzig, (...) gern bereit ist, für den Fall, dass Personen aus dem Kreis der o.g. genannten "Hausbesetzer" Interesse haben, Leipzig mit seinen Potenzialen kennen zulernen (...), im größtmöglichen Rahmen unterstützend tätig zu werden." Auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft habe bereits Hilfe signalisiert.
(ART Kunstmagazin, 11.09.2009)
Daraus folgt die Frage: Bekommen Leipziger Künstler in dieser Stadt auch Obdach?

Ein wichtiger Punkt ist an dieser Stelle auch der Immissionsschutz für den benachbarten Kindergarten. Ein geplantes Parkhaus, welches von 500 Discounter-Kunden täglich angefahren wird, plus zusätzlichem Lieferverkehr steht diesem ausdrücklich entgegen.

Eine Maßnahme seitens der Stadt wäre die Ausweisung unseres Areals als schützenswertes Gebiet im Sinne des Milieuschutzes. Damit kann die drohende Gentrifizierung politisch gestoppt werden.
Die Durchsetzung dieser Forderung ist in diesem Fall möglich, da der geforderte Bebauungsplan noch nicht fertiggestellt ist bzw. zur Zeit von der Stadt zu den Akten gelegt wurde.